Das preußische Fort C – Markantes Denkmal historischer Festungsarchitektur
Die Entstehung des Fort C fiel in eine Zeit, in der die neu geschaffene Eisenbahnstrecke von Köln nach Minden gegen eine damals empfundene Bedrohung geschützt werden sollte. Die Eisenbahnstrecke verband die preußische Enklave Minden mit den Besitzungen im Rheinland, insbesondere mit Köln. 1847 fertiggestellt markiert die Streckenverbindung die Anfänge der Erschließung der deutschen Lande mit einem neuen überregionalen Verkehrsmittel von strategischer Bedeutung. Deutschland war noch kein einheitliches Reich, sondern ein Flickenteppich von konkurrierenden und in losem Verbund zusammengeschlossenen Hegemonialstaaten. Unter ihnen war Preußen mit der 350 Kilometer entfernten Hauptstadt Berlin und noch weiter in den Osten reichenden Kernlanden die größte Macht. Bedroht sahen diese ihre Besitzungen insbesondere durch das benachbarte nichtpreußische und mit England verbundene Königreich Hannover. Der Mindener Bahnhof war Grenz-, Umsteige- und Zollbahnhof der weiterführenden Strecke zum Fürstentum Schaumburg-Lippe und nach Hannover.
Minden war das Bindeglied zwischen Brandenburg-Preußen und den preußischen Rheinprovinzen. Die strategische Bedeutung führte zwischen 1815 und 1873 in mehreren Baustufen zum Ausbau zur Festungsstadt. In dieser Zeit war die Stadt die stärkste preußische Festung zwischen Rhein und Elbe.
Der vor den Toren der Stadt, also außerhalb der Stadtbefestigung liegende 1847 eröffnete Bahnhof, musste in die Stadtbefestigung miteinbezogen werden. Dazu sollte er großräumig mit einer starken Lünette (vorgelagertes Festungswerk, Wallanlagen, Flankenbatterien) umschlossen werden. Die Befestigungen entstanden zwischen 1846 bis 1852.
Bestens erhaltenes Beispiel des neupreußischen Festungsbaus
Von den drei Forts A, B und C ist das etwas abseitiger gelegene Fort C in seiner ursprünglichen Form bis heute nahezu vollständig erhalten geblieben. Für die beiden anderen Forts sind es mit deren Reduits lediglich die Kernbauten.
Von ihren Standorten sicherten sie die Ausfahrten von Straßen und Eisenbahnen in Richtung Bremen, Hannover und Berlin. Das Fort C bewachte die Ausfahrt der Eisenbahn in Richtung Köln. Die Ausfahrten waren durch fahrtzielbenannte Tore gesichert.
Die Festungsanlage gilt heute als Musterbeispiel preußischer Festungsbaukunst. Diese sogenannte neupreußische Manier entzog durch Wälle alle Werke der Feindeinsicht. Ziel dieser Festungsarchitektur war, sich mit überlegenem Feuer dem Feind frontal und flankierend zu stellen. Vor einem vieleckigen Wall lag die Hauptkaponniere (massiv gemauerter Festungsteil) mit einem hufeisenförmigen Grundriss. Meist doppelstöckig gebaut kam aus diesem Festungsgebäude das Geschütz- und Gewehrfeuer. Der Beschußbereich der Verteidigung wurde durch vorgelagerte Feuerstellungen unterstützt. So lag der Hauptkaponniere vorgeschoben eine Wehr mit Mörserbatterien, die das Vorder- und Seitengelände unter Feuer hielt. Die Befestigungen entstanden zwischen 1846 -1852 nach dem Entwurf des Ingenieurs Major vom Platz Hardenack.
Das Fort C liegt dem bis heute in seiner ursprünglichen Form von 1847 erhaltenem Bahnhofsgebäude südlich vorgelagert, direkt an der Bahntrasse Richtung Süden. Es war durch einen Verbindungsdamm mit der ansonsten geschlossen gebauten Bahnhofsbefestigung verbunden. Dieses Fort sicherte die Südseite des Bahnhofsgeländes mit einem pilzförmigen Grundriss des zweistöckigen Kerngebäudes (Reduit) im Zentrum der Anlage. Seine 1,80 m starken Außenwände aus Backsteinmauerwerk sind mit weiterem 30 cm dicken Portasandstein verblendet.
Über der Gewölbedecke des Reduits liegt eine bombenfest beschußsichere Erdaufschüttung von ca. 1,50 m mit Grassodenbelag.
Das Obergeschoß hat elf Kanonenscharten. Das Untergeschoß verfügt über Schießscharten für die Gewehrverteidigung. Im Innern gab es ein Pulvermagazin, Latrine und einen Brunnen. Das Obergeschoß war mit Öfen beheizbar.
Im Hof des Forts liegt eine weitere beschußsichere Steinbau-Kasematte, die in die umlaufende Wallanlage eingebaut wurde. Sie diente als Wachraum mit doppelwandigem Pulvermagazin und Latrine. Durch den umschließen Wall führten zwei Poternen (Tunnelgänge) zu den Wassergrabenstreichen. Von den in den Wassergraben vorspringenden steinernen Basteien konnte das südliche Vorfeld der Festung unter Gewehrfeuer genommen werden. Im Armierungsfall wurden über Rampen Kanonen auf die Wälle gezogen. Die Pläne sahen bis zu fünf Kanonen vor.
Sollte ein Gegner die Wälle einnehmen, hätte das Reduit eine selbständige Verteidigung ermöglicht. Über ein Tor in der westlichen Kehlmauer war der Rückzug der Soldaten in das Reduit möglich. Der Platz vor den zwei Zugbrücken des Kernbaus war mit einem Tambour, einer kleinen Mauer mit Schießscharten geschützt. Von dieser Mauer sind heute nur noch die Fundamente sichtbar.
Die ganze Bastion bildet von oben betrachtet ein Fünfeck, mit Kerngebäude, Erdwällen und Mauer, die von einem Wassergraben, gedeckten Wegen und Glacis (zum Angreifer abfallende Erdaufschüttungen ohne tote Winkel) umgeben sind.
Fast 100 Jahre Dornröschenschlaf
Nach der preußischen Annexion des Königreichs Hannover verlor die Festung 1866 ihre Daseinsberechtigung. 1873, also zwei Jahre nach der Gründung des deutschen Reiches, wurde das Fort C mit dem Beginn der Schleifung der Stadtbefestigung aufgegeben. Nie musste das Fort in den 21 Jahren seiner Funktionszeit einen Angriff überstehen. Nie wurde es beschossen.
Während die meisten Mindener Festungswerke nach 1873 größtenteils abgerissen wurden, blieb das Fort C dank seiner etwas abseitigen Lage verschont und in seiner ursprünglichen Architektur nahezu vollständig erhalten. Um 1900 wurde es teilweise privatisiert. Im zweiten Weltkrieg beschädigten das provisorisch als Luftschutzbunker hergerichtete Reduit einige Fliegerbomben und in den Jahrzehnten danach verfiel das Fort langsam.
Der Dornröschenschlaf endete schließlich 1986. Wiederentdeckt als bedeutendes Denkmal der militärisch geprägten preußischen Geschichte Mindens wurde es in den folgenden fünf Jahren grundlegend saniert. Seit dieser Zeit Außenstelle des Preußenmuseums, beherbergt es als Vereinsheim die 1. Kompanie des Mindener Bürgerbataillons. Die Kompanie vom rechten Weserufer kümmert sich um die Pflege und den Erhalt des historischen Fort C und macht es mit Veranstaltungen der Öffentlichkeit zugänglich. Zusammen mit den anderen Stadtkompanien im Mindener Bürgerbataillon hält sie die Geschichte der Stadt mit ihrer Tradition der Bürgerwehren lebendig; wovon vor mehr als 370 Jahre die preußisch geprägte Vergangenheit Mindens ihren Anfang nahm.
Autor: Thorsten Meinsen
Der Autor ist Mitglied in der 1. Kompanie im Mindener Bürgerbataillon und führt Besucher durch das Fort C.
Fotos: Thorsten Meinsen
Luftbild: Stadt Minden
Übersichtsplan Festung: Beilage des Minden-Lübbecker Kreisblatts vom 19 Oktober 1878 – Minden: Zeugen und Zeugnisse der städtebaulichen Entwicklung, PD-alt-100,
Literaturhinweise:
Ulrich Meinhardt: Die Festung Minden. Gestalt, Struktur und Geschichte einer Stadtfestung. Minden 1958.
Christinane Hoffmann, Martin Beutelsbacher: Als Minden eine Festung war (1500–1873). Kai Homilius Verlag, 2000, ISSN 1430-2144.
Stadt Minden (Hrsg.): Minden. Zeugen und Zeugnisse seiner städtebaulichen Entwicklung. Minden 1979, S. 74.