Buttjer-Story Nr.6: Teilnahme am Ausmarsch und am Freischießen war eine Bürgerpflicht

Buttjer-Story Nr.6: Teilnahme am Ausmarsch und am Freischießen war eine Bürgerpflicht

Buttjer-Story Nr.6: Teilnahme am Ausmarsch und am Freischießen war eine Bürgerpflicht 380 219 Mindener Bürgerbataillon e.V.

Die Junggesellen hatten einen tobiften Maibaum in die Stadt gebracht, am Dom aufgepflanzt und danach ein schuckeres Tänzchen in den Mai veranstaltet.

Der Mindener Buttjer dachte mit Freude an das Freischießen Anfang August. Er wollte mit seiner Kompanie wieder durch die Stadt teilacken und nette Kumpels treffen. Er dachte an frühere Jahre, als man noch aus der Festung herausmarschierte, meistens zum Schweinebruch und manchmal auch zum Kuhthorschen Bruch. Die Teilnahme am Ausmarsch und am Freischießen war eine Bürgerpflicht, und die Capitains dibberten genau, ob einer fehlte. Nur die Brauknechte mussten in der Festung malochen, damit alle genug zum Schickern hatten. Die Schlickenfänger, die unentschuldigt fehlten, wurden dem Magistrat gemeldet und saftig bestraft.

Diese Vorschrift sorgte beim Freischießen 1784 für Verdruss und Ärger. Die Angelegenheit musste sogar der König in Potsdam entscheiden. Folgendes hatte sich zugetragen:
Der Bürger und Stadt-Zimmergeselle Sieborg hatte sich in seinem Quartier zum Ausmarsch eingefunden, als ihn vom Magistrat aufgetragen wurde, schon mal vorzunatschen, das Magistratszelt zu inspizieren und Mängel zu beheben. Er war gerade mit seiner Maloche fertig, als das Bürgerbataillon auf der Festwiese erschien und das Schießen begann. Sieborg gesellte sich zu seiner Kompanie und hatte Massel, denn er traf den Knopf fast im Zentrum. Es war nicht der beste Schuss, denn diesen tat der Bürger Windel. Aber wie Zeugen bestätigten, war es der Zweitbeste. Jetzt begannen aber die Schwierigkeiten. Die Regularien besagten, dass nur derjenige König werden durfte, der mit der Bürgerschaft ausmarschiert war. Und das traf auf Sieborg nicht zu. Die zweite Königswürde und die zweite Prämie von 50 Talern wurde daher dem Stadtcapitain Daniel Voegeler zugesprochen. Der durfte auch die zweite Krone zur Festung hereintragen.

Sieborg war aber ein gewitzter Bajuffe. Er stellte einen schriftlichen Antrag an den Magistrat. Und als dieser von der Sache nichts wissen wollte, wandte er sich an den König in Potsdam und verklagte den Stadtcapitain Voegeler. Er bekam Recht. Im Namen seiner „Königlichen Majestät“ wurde ihm am 18. Juny 1785 mitgeteilt, dass ihm die zweite Prämie von 50 Talern zustehe. Der Magistrat wurde durch königliche Verfügung beauftragt, Sieborg beim nächsten Ausmarsch die zweite Krone tragen zu lassen. Daniel Voegeler durfte aber seine Prämie behalten. Er hatte selbst zugeben, dass Sieborg den besseren Schuss getan hatte.

Mit etwas Wehmut dachte der Buttjer an die früheren Zeiten, als es noch richtiges Lobi für den Schützenkönig gab. Das ist ja heute anders. Aber mit einer der alten Kronen auf dem Schero durch die Stadt inner Kutsche zu fahren, wäre ja auch schon was.

Kleines Buttjer-Lexikon

tobifte : sehr schön
schucker : prima, gelungen
teilacken : gehen
dibbern : sehen, erblicken
malochen : arbeiten
schickern : trinken
Schlickenfänger : Leisetreter
natschen, vornatschen : gehen, vorausgehen
Massel : Glück
Bajuffe : gerissener Kerl
Lobi : Geld
Schero : Kopf

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