325 Jahre Freischießen-Geschichte mit Festakt, Aufzug aller Kompanien und anschließender Party
Vom Wandel der Jahrhunderte geprägt und doch zugleich von „eigenem bis eigensinnigem“ Charakter – so fasste Musuemsleiter Martin Beutelspacher gestern Abend die Geschichte des Mindener Freischießens zusammen. 325 Jahre des ältesten und bei allen Veränderungen laut Beutelspacher weiter wichtigsten Fests der Mindener beging das Bürgerbataillon gemeinsam mit Stadtverwaltung und Bevölkerung. Über 500 Zuschauer verfolgten nach Einbruch der Dämmerung den Einmarsch von Abordnungen der sechs Bürgerkompanien, die Eskadron und der Junggesellenkompanie auf den Markt. Musikalisch umrahmt wurde diese vom Mindener Buttjer „Didi“ moderierte Zeremonie vom Bürger-Tambourkorps unter Karl-Emil Zander und dem Feuerwehrmusikzug unter Andreas Herrmann.
Zuvor hatte Stadtmajor Wolfgang Meinhardt im Rathaus über eine Festveranstaltung von durchaus eigenem, sympathischen Charakter präsidiert. 325 Jahre seien 170 820 000 Minuten. Er beschränke sich allerdings regiegemäß auf acht Minuten, sagte Meinhardt. Die Regie lag dabei in Händen einer Kommission junger Stadtoffiziere, die allen Festrednern ein Drehbuch mit knappen Redezeiten vorgelegt hatten – schließlich sollte bald der Einmarsch der Kompanien auf dem Markt beginnen. Der Plan geriet zwar etwas ins Rutschen, doch letztlich kamen alle Redner und Gratulanten zügig auf den Punkt. Bürgermeister-Stellvertreter Harald Steinmetz erinnerte sich auch der selbst erlebten Jahrzehnte jener 325 Jahre – vom Knaben an der Hand des Vaters über jugendliche „Erkundungen“ rund um Kanzlers Weide bis zur Gegenwart. Der Rückblick auf eine Achtung gebietende Tradition erfülle alle in der Stadt mit Stolz, gleich ob Bataillonsangehörige oder Bürger, so der Stadtmajor. Das Freischießen gehöre einfach dazu: „Wir müssen nicht mühselig in die Gegenwart mitgeschleppt werden“, rief Meinhardt. „Ohne Vergangenheit gibt es keine Zukunft“, bekannte er sich auch auf dem Markt zur Tradition.
„Es war nie einfach und nie billig“. Schlaglichter der stets lebendigen und manchmal von lebhaften Turbulenzen begleitetet Geschichte des Freischießens präsentierte Martin Beutelspacher. Erstmalig seien Übungsschießen der Bürger 1608 nachgewiesen. Auch das 1682 begründete Freischießen sei zunächst kein reines Vergnügen gewesen, erinnerte Beutelspacher daran, dass Besitzer nicht funktionstüchtiger Waffen einst empfindliche Geldstrafen befürchten mussten. Andererseits: wer kann sich 2007 noch eine Finanzierung des Grünholens aus der städtischen Kämmereikasse vorstellen, oder dass 1867 Majestäten für Zündstoff sorgten, weil sie keine Selbstständigen waren . . . ?
Beutelspacher erinnerte auch an die bis heute regen Beziehungen der Bürgerschützen zum Militär – ob preußisch, britisch oder Bundeswehr. Damals wie heute verbinde das Fest „Bürger, Stadt und Staat“. Anders als an anderen Orten würden in Minden keine Könige gemacht, sondern jeder Bürger habe Chancen auf den Titel. Als Museumsleiter freue er sich schon auf das Grünholen 2008, das Abholen der Fahnen aus dem Museum „und darauf, dass sie am Samstag im großen Umzug auch am Museum vorbei getragen werden.“
Martin Steffen (Mindener Tageblatt)
Ein kleiner Rückblick auf 325 Jahre Mindener Freischießen >>>