50 Jahre gemeinsamer Weg: „Twoote“ des Bürgerbataillons und 2. Kompanie des schweren Pionierbataillons 130
Eigentlich war das 50-jährige Bestehen der Patenschaft zwischen der 2. Bürgerkompanie und der 2. Kompanie des schweren Pionierbataillons 130 auch ein wenig Kurt Höhnes Tag. Denn in seiner Biografie verbindet sich beides: „Bund“ und Bürgerbataillon.
Als Kompaniefeldwebel der Pioniere schuf Höhne 1959 mit seinem Gegenüber, dem „Spieß“ der „Twooten“, Dieter Heilmann, die Grundlagen der Patenschaft, die dann am 7. November 1960 von zwei ehemaligen Bessel-Schülern, den Hauptleuten Stege und Niemann, offiziell begründet wurde. Ein Ziel: die Soldaten der jungen Bundeswehr in der Stadt heimisch werden zu lassen.
Ein halbes Jahrhundert später stellte sich im Großen Rathaussaal gestern auch die Frage, was eigentlich den Geist der Patenschaft zwischen Bürgerbataillon und Bundeswehr ausmache. Die Antwort der Kompaniechefs Volker Krusche und Stefan Jaschke: Es sei nicht nur die Geselligkeit sondern auch vieles an wechselseitiger Hilfe und Integration, die aus Soldaten Bürger mache. Wechselseitig ansprechbar zu sein, gehöre ebenso dazu wie Hilfe bei Wohnungsfindung oder Stellensuche am Ende der Dienstzeit.
„Dienstschluss in der Zivilisation.“ Militärisch knapp umriss Bataillonskommandeur Oberstleutnant Frank Söhnholz die Empfindungen der ersten Generation von Bundeswehrpionieren, als diese vor 51 Jahren aus dem Heidestandort Dedelstorf an die Weser kamen.
„Zivilisation“ habe um 1959 unter anderem „Maranca“ bedeutet – die legendäre „Scharnschänke“ bot beiden Seiten die Gelegenheit zur Kontaktaufnahme. Der Rest war offenbar Geschichte – zumindest legte das die stolze Zahl junger Männer und Frauen im Rathaussaal nahe, deren graue Röcke das Bild der Fräcke und schwarzen Anzüge ergänzte.
Beim Freischießen 1962 marschierte bei der „Twooten“ erstmals eine Abordnung der Pioniere mit, wie Bürgermeister Michael Buhre aus alten Aufzeichnungen zitierte. Fußnote: die wenigsten Soldaten besaßen einen echten Zylinder, „Meimelwetter“ gab den aus Filz gefertigten Ersatz-Kopfbedeckungen rasch den Rest – die Patenschaft dagegen hielt und überdauerte ungezählte Bundeswehr-Umstrukturierungen. Für Buhre steht sie letztlich stellvertretend für die Beziehungen der Mindenerinnen und Mindener zu „ihren“ Pionieren.
Darin war der Oberste Dienstherr des Bürgerbataillons mit einem Berliner Haushaltspolitiker einig: Steffen Kampeter, Mindener Abgeordneter und Parlamentarischer Staatssekretär im Finanzministerium, würdigte fünf Jahrzehnte Freundschaft zwischen Mindens „uneinholbar ältester Vereinigung“ Bürgerbataillon und den Pionieren der nach 1955 bewusst neu begründeten Bundeswehr. Hier gelte Goethe: den Kindern (wörtlich wie auch im übertragenen Sinne) Flügel zu geben.
Ob Verlegung des Freischießens von Kanzlers Weide in die Innenstadt, ob Kinderfreischießen, Junggesellenkompanie oder geänderte Ausmarschtage – Kampeter verwies auf große und kleine Verränderungen, die 1960 kaum vorstellbar gewesen seien, letztlich aber zur Wahrung der Tradition von Bürgerbataillon und Freischießen beigetragen hätten. Menschen bräuchten Tradition berief Kampeter sich auf Salman Rushdie: „Wer seine Geschichte nicht erzählen kann, existiert nicht.“
An der Existenz der Patenschaft konnte niemand zweifeln. Es gab einiges zu erzählen – auch in Form einer kleinen Ausstellung im Rathaussaal aus Bildern, Urkunden und Pressetexten, anschließend bei Kaffee und Kuchen in der „Tonne“, dem Kompaniequartier im Kellergewölbe des Rathauses.
Aber erst, nachdem zwei Stockwerke höher Zeitzeugen aus der Reihe von 31 Kompaniechefs und 16 Feldwebeln beider Seiten geehrt worden waren. Auch das längst zur Partnerschaft gewordene Patenverhältnis wurde neu beurkundet. Für die Chefs „offiziermäßig“ auf gerahmtem Pergament, für die Feldwebel etwas massiver auf poliertem Granit.
Martin Steffen, Mindener Tageblatt vom 8. November 2010